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*** Wir prüfen unabhängig. ***

In letzter Zeit mehren sich in der Presse Meldungen über Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die sowohl Wirtschaftsprüfer als auch ihre Mandanten aufhorchen lassen. 

„Private-Equity kaufen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater.“ 

So schreibt beispielsweise das Handelsblatt in der Nr. 102 vom 2. Juni 2025 auf der Seite 18. Oder „Finanzinvestor übernimmt Mehrheit an [Name der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft]“ lautet es im Handelsblatt Nr. 175 vom 10. September 2025.

Derartige Fälle werfen eine grundsätzliche für den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer aber auch für die von ihnen geprüften Gesellschaften und das Vertrauen der Öffentlichkeit immens wichtige Frage auf:

Sind (einige) Wirtschaftsprüfer käuflich?

Berufsangehörige haben ihren Beruf unabhängig, gewissenhaft, verschwiegen und eigenverantwortlich auszuüben (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Wirtschaftsprüferordnung – WPO). Daneben stellt § 56 Abs. 1 WPO klar, dass sowohl die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als auch deren Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, Partner und persönlich haftende Gesellschafter, die nicht Berufsträger sind, an die zentralen Regelungen des Berufsrechts der Wirtschaftsprüfer – also auch an die Unabhängigkeit – gebunden sind.

Damit die allgemeinen Berufspflichten nicht unterwandert werden zu können Gefahr laufen, regelt § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 1a WPO, dass an Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nur Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, EU-Abschlussprüfer, EU- oder EWR-Abschlussprüfungsgesellschaften, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte sowie Personen, mit denen eine gemeinsame Berufsausübung nach § 44b Abs. 2 WPO zulässig ist, (oder die Personen sind, deren Tätigkeit als Vorstandsmitglied, Geschäftsführer, Partner oder persönlich haftender Gesellschafter nach § 28 Abs. 2 oder 3 WPO genehmigt worden ist,) beteiligt sein dürfen. Es handelt sich im Kern um das sog. Fremdbesitzverbot.

Die Intention des deutschen Gesetzgebers scheint klar …

Wenn nun in der Presse mitunter mit Meldungen wie „Streit um das Fremdbesitzverbot – Rendite statt Beratung“ der Eindruck erweckt wird, Wirtschaftsprüfer könnten die gegenwärtigen Herausforderungen (so wörtlich) nur mithilfe von Private-Equity darstellen“ (vgl. Handelsblatt Nr. 214 vom 6. November 2025, Seite 24), so führt dieses nicht nur offensichtlich in die Irre sondern steht wohl auch nicht im Einklang mit der Intention des Gesetzgebers hierzulande.

… allein er ließ ein Hintertürchen offen.

Nationale Gesetzgeber anderer europäischer Staaten (bspw. Luxemburg) legen offenbar weniger Wert auf ein vergleichsweise striktes Fremdbesitzverbot, was wiederum einigen Berufsgesellschaften mit Sitz in Deutschland dazu ermutigt haben dürfte, eine entsprechende EU-Holdingstruktur ins Leben zu rufen, um die eigentliche Intention des deutschen Gesetzgebers munter zu umgehen. „Gründe“ dafür werden freilich viele gefunden: Seien es die fehlenden Nachfolger, fehlendes Kapital für notwendige Investitionen in die KI oder der Wettbewerb um talentierte Fachkräfte. Scheinbar übersehen wird dabei allerdings, dass der Wirtschaftsprüfer nicht nur ein Freiberuf ist. Er wird als solcher öffentlich bestellt, denn dem Berufsangehörigen ist mit der Durchführung gesetzlicher Abschlussprüfungen nach § 316 ff. HGB eine öffentliche Aufgabe übertragen. Dafür wiederum ist die Unabhängigkeit nach hiesigem Verständnis conditio sine qua non. Sobald eine Besorgnis der Befangenheit besteht, hat der Wirtschaftsprüfer seine Tätigkeit zu versagen (§ 49 WPO).

Wozu braucht es Wirtschaftsprüfer, wenn deren Unabhängigkeit im Zweifel nicht von der zuständigen Aufsichtsbehörde überprüft werden kann?

In den letzten Jahren hat die Wirtschaftsprüferkammer K.d.ö.R. berechtigterweise selbst bei kleineren, rein nationalen Netzwerkstrukturen nach unserer Erfahrung sehr genau auf die Einhaltung der Unabhängigkeit (insbesondere im Rahmen des Systems der Qualitätskontrolle) geachtet. Wie ein intersubjektiv nachvollziehbarer Independent Check einer nationalen Behörde im Falle von mehrheitlich an Wirtschaftsprüfungsgesellschaften beteiligter international verflochtener Private-Equity-Gesellschaften effektiv gelingen soll, scheint bis dato ungelöst … nur sind die zu überprüfenden internationalen Strukturen schon geschaffen. Wie steht es hier um die Besorgnis der Befangenheit? 

Während aktuell offenbar Lobbyisten in Berlin mit- und gegeneinander – teils pro Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfer und teils pro wirtschaftliche Interessen von (internationalen) Finanzinvestoren – ringen, legen wir uns für unseren Teil fest:

Wir prüfen auch in Zukunft unabhängig.

 

*** Singapurs PM Wong: „A seismic change in the global order“ ***

Auf CNA hat der Premierminister von Singapur eine interessante Ansprache über die zu erwartenden Auswirkungen der US-Zölle an die Bevölkerung von Singapur gehalten. 

Die Ansprache ist unseres Erachtens deshalb besonders bemerkenswert, weil sie – völlig anders als die überwiegend sehr emotional aufgeladenen Reaktionen von Politikern und „Qualitätsmedien“ hierzulande – eine unaufgeregte und sachliche Analyse beinhaltet. 

Wong sieht nach der jüngsten Verkündigung des „Liberation Day“ in den USA keinen Raum für Zweifel: „It marks a seismic change in the global order. The era of ruled-based globalisation and free trade is over. We are entering a new phase – one that is more arbitrary, protectionist and dangerous. For decades the US was the bedrock for the free market economies in the world. It championed free trade and led efforts to build a multilateral trading system, anchored by clear rules and norms, where countries could achieve win-win benefits through trade.“

Das WTO-System habe enormen Wohlstand ermöglicht – auch für die USA selbst – wenngleich es nicht perfekt sei, so Wong weiter. Singapur und andere Länder hätten sich daher für Reformen eingesetzt. Doch was die USA nun täten, sei keine Reform. Vielmehr würden sie das gesamte System aufgeben, welches sie geschaffen hätten. Die „reziproken Zölle“ seien eine völlige Zurückweisung des WTO-Rahmens. Für den Moment seien die direkten Auswirkungen auf Singapur vergleichsweise gering – für den Moment. Allerdings ergeben sich weitergehende und grundlegende Konsequenzen: Wenn andere Länder dem Beispiel der USA folgen würden, wird das Schwierigkeiten für alle Länder nach sich ziehen. Während Singapur selbst nicht in gleicher Weise mit Handelszöllen reagieren werde, sei diese zurückhaltende Reaktion für andere Länder nicht selbstverständlich. Die Wahrscheinlichkeit eines voll ausgeprägten globalen Handelskrieges steige. 

„The last time the world experienced something like this was in the 1930s. Trade wars escalated into armed conflicts and eventually the Second World War. No one can say how the current situation will unfold in the coming months or years. But we must be clear-eyed about the dangers that are building up in the world. Global institutions are getting weaker; international norms are eroding. More and mor countries will act based on narrow self-interest and use force or pressure to get their way. This is the harsh reality of our world today.“

Man werde sein partnerschaftliches Netzwerk mit gleichgesinnten Ländern stärken. […] „But we must brace ourselves for more shocks to come. The global calm and stability we once knew will not return anytime soon. [..] I´m sharing this with you, that we all can be mentally prepared. So that we will not be caught off guard. Let us not be lulled into complacency. The risks are real and the stakes are high. The road ahead will be harder.“

Wir zitieren aus der Rede, weil sie unseres Erachtens mit kühlem Kopf und präsidial vorgetragen „den Nagel auf den Kopf trifft“. 

*** Kehrtwende der EU-Kommission beim sog. „Green Deal“ ***

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU ist in den vergangenen Jahren vollkommen aus dem Ruder gelaufen: Die EU-Kommission hatte mit dem europäischen Lieferkettengesetz und der Nachhaltigkeitsberichterstattung eine riesige Bürokratiewelle geschaffen, die vielen Unternehmen „die Luft zum Atmen“ abzuschnüren drohte. 

Am 20. Januar 2025, dem Tag seiner Amtseinführung, hat der neue US-Präsident Trump mit Schreiben an die Vereinten Nationen das Pariser Klimaabkommen – ungeachtet der formellen Kündigungsfrist von einem Jahr – „mit sofortiger Wirkung“ gekündigt

Infolgedessen sieht sich offenbar nun auch die EU-Kommission dazu gezwungen, eine Kehrtwende zu vollziehen und zwar sowohl bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung als auch bei dem EU-Lieferkettengesetz. Beides soll deutlich abgeschwächt werden. Insgesamt sollen am 26. Februar 2025 (kurz nach der Bundestagswahl) vier Rechtsakte des sog. „Green Deals“ überarbeitet werden. Neben der Nachhaltigkeitsberichterstattung und dem Lieferkettengesetz soll auch die EU-Taxonomie und der CO2-Grenzausgleichsmechanismus angepasst werden. Denn angesichts der fortdauernden Energiekrise, des auch infolgedessen weiterhin hohen Inflationsdrucks, der zunehmenden Handelsspannungen und der zunehmenden Besorgnis von Unternehmen über die ihnen auferlegten zusätzlichen regulatorischen Belastungen durch die Nachhaltigkeitsberichterstattung habe die EU-Kommission diese zusätzlichen Berichtspflichten nun zu reduzieren beschlossen, heißt es in dem Entwurf. 

Die CSRD – Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet Unternehmen dazu, darüber Bericht zu erstatten, inwieweit sie umwelt- und sozialpolitische Ziele der EU einhalten.  Seit Beginn des Jahres 2025 gilt die Pflicht für einen größeren Kreis von Unternehmen, wenn sie zwei von drei Kriterien (mehr als 250 Beschäftigte, mehr als € 50 Mio. Nettoumsatzerlöse, mehr als € 25 Mio. Bilanzsumme) erfüllen. Ab 2026 sollte die Nachhaltigkeitsberichterstattung für einen noch größeren Kreis von Unternehmen gelten, wozu es nun aber voraussichtlich nicht mehr kommen wird. Vielmehr sollen die o.g. Schwellenwerte künftig erhöht werden: Nach dem Entwurf soll die Richtlinie künftig für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mehr als € 450 Mio. gelten. Ein Großteil der Unternehmen dürfte daher künftig von der Verpflichtung ausgeschlossen werden.

Wir begrüßen diesen (späten) Sinneswandel der EU-Kommission, zumal mit Berichtspflichten allein noch nichts für den Umwelt- und Klimaschutz gewonnen ist.

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